24. Juli 2015 - Mit zwei Ausnahmen können Genossenschaftsanteile am Beteiligungsmarkt, so Dr. Horst Werner (www.finanzierung-ohne-bank.de ), seit dem 10. Juli 2015 nicht prospektfrei und BaFin-frei öffentlich angeboten und platziert werden. :
1. Bei den Genossenschaftsanteilen tritt nach dem Kleinanlegerschutzgesetz eine Prospektpflicht zum einen dann ein, wenn Genossenschaftsanteile und z.B. Nachrangdarlehen ( oder eine andere Vermögensanlage als Finanzinstrument ) zusammen in einer Art Kopplungsgeschäft gleichzeitig platziert werden; wenn der Anleger also beide Zeichnungsangebote annehmen muss. Werden erst Genossenschaftsanteile platziert und später danach in einem zweiten Schritt Nachrangdarlehen verkauft, bleibt es prospektfrei. Ein Kopplungsgeschäft ( das eine Geschäft geht nicht ohne das andere ) macht also Genossenschaftsanteile prospektpflichtig ( wobei auch hier 20 Anteile unter die Regelung der Bereichsausnahme fallen ).
Insbesondere führen die neuen Bestimmungen nicht dazu, dass das Angebot von Genossenschaftsanteilen allein deshalb prospektpflichtig wird, weil im Rahmen einer Werbung für diese Genossenschaftsanteile darauf hingewiesen wird, dass sich die Genossenschaft auch über Mitgliederdarlehen finanziert. Denn entscheidend dafür, ob eine Mitgliederwerbung von Genossenschaften prospektpflichtig ist, ist allein, was bei der Werbung um neue Mitglieder Gegenstand des öffentlichen Angebots ist. Wird ausschließlich für die Mitgliedschaft in der Genossenschaft selbst geworben, fällt dieses Angebot nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 VermAnlG nicht unter die Vorgaben des Vermögensanlagengesetzes. Dies gilt auch dann, wenn in der Werbung für die Mitgliedschaft darauf hingewiesen wird, die Genossenschaft finanziere sich auch über Darlehen der Mitglieder. Denn auch in diesem Fall bleibt allein die Mitgliedschaft in der Genossenschaft Gegenstand des öffentlichen Angebots. Prospektpflichtig wäre lediglich ein Angebot, in dem der Antrag auf die Mitgliedschaft mit dem Abschluss eines Darlehensvertrags als Pflichtzeichnung verbunden werden soll.
2. Die Prospektfreiheit für Genossenschaftsanteile und für Vermögensanlagen ( z.B. Nachrangdarlehen ) an der Genossenschaft ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 u. Nr. 1 a Vermögensanlagengesetz n.F. nur dann gegeben,
„wenn für den Vertrieb der Anteile keine
erfolgsabhängige Vergütung gezahlt wird“.
Ein Vertrieb mit erfolgsabhängiger Vergütung liegt nicht vor, wenn Genossenschaftsmitgliedern lediglich im Rahmen einer Werbeaktion für das Werben einzelner neuer Mitglieder eine Prämie gewährt wird. Die gesetzliche Vorgabe soll nur solche Provisionen erfassen, die für den gewerblichen Vertrieb der Anlagen gezahlt werden.
Diese Änderungen wurden fast unbemerkt von der Kapitalmarktöffentlichkeit erst in der dritten Lesung des Kleinanlegerschutzgesetzes am 23. April 2015 in das Gesetz aufgenommen.
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