Digitale, unverbriefte Wertpapiere und Kryptowertpapiere in einem Gesetzentwurf eWpG präsentiert – von Dr. jur. Horst Werner

Das deutsche Recht soll generell für elektronische Wertpapiere, d. h. Wertpapiere ohne Urkunde, geöffnet werden. In einem ersten Schritt soll primär die elektronische Begebung von Schuldverschreibungen ermöglicht werden

Der deutsche Kapitalmarkt begrüßt grundsätzlich die Einführung elektronischer Wertpapiere und damit die Möglichkeit, Wertpapiere künftig auch urkundslos zu begeben. In der Bundesrepublik steht das Krypto-Wertpapier ( siehe § 16 Gesetz über elektronische Wertpapiere -  eWpG ) ebenso kurz vor der Einführung wie das elektronische bzw. digitale Wertpapier ( siehe § 12 eWpG. ). Ein entsprechender Entwurf der Bundesregierung
(https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/269/1926925.pdf mit Gesetzestext-Entwurf und mit 57 Seiten Begründung wurde im Rahmen ihrer Blockchain-Strategie bereits ins Parlament eingebracht und könnte alsbald von diesem verabschiedet werden ) – siehe Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode, Drucksache 19/26925. Der Gesetzentwurf ist technologieneutral formuliert. Er differenziert zwischen elektronischen Wertpapieren und Krypto-Wertpapieren.

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, das Wertpapierrecht zu modernisieren, zu digitalisieren und damit den Finanzplatz Deutschland zu stärken. Ein Wertpapier kann statt mit einer Urkunde auch als elektronisches Wertpapier begeben werden. Ein elektronisches Wertpapier wird dadurch begeben, dass der Emittent an Stelle der Ausstellung einer Wertpapierurkunde eine Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister bewirkt. In Deutschland werden bisher die Rechte mehrerer Investoren in einer Globalurkunde verbrieft. In der BRD übernimmt dies für alle Investoren die Clearstream Banking AG in Frankfurt/Main. Sie ist eine Tochtergesellschaft der Deutsche Börse AG. Die klassische Emission mittels Globalurkunde bleibt auch weiterhin möglich.

Das deutsche Recht soll generell für elektronische Wertpapiere, d. h. Wertpapiere ohne Urkunde, geöffnet werden. In einem ersten Schritt soll primär die elektronische Begebung von Schuldverschreibungen ermöglicht werden. In kleinerem Umfang wird auch die Möglichkeit zur elektronischen Begebung von Anteilscheinen eröffnet. Die Regelung soll technologieneutral erfolgen, d. h. über Blockchain begebene Wertpapiere sollen gegenüber anderen elektronischen Begebungsformen grundsätzlich nicht begünstigt werden. Die derzeit erforderliche Wertpapierurkunde soll bei elektronischen Schuldverschreibungen und Anteilscheinen durch die Eintragung in ein Wertpapierregister ersetzt werden. Es soll eine eindeutige Festlegung erfolgen, dass elektronische Wertpapiere wie Sachen behandelt werden, so dass Anleger denselben Eigentumsschutz genießen wie bei Wertpapierurkunden, und es sollen spezielle Regelungen über den Erwerb und die Übertragung elektronischer Wertpapiere geschaffen werden.

Dem Anlegerschutz und der Marktintegrität sowie der Transparenz und dem Funktionsschutz der Kapitalmärkte bei über Blockchain begebenen Wertpapieren soll insbesondere auch dadurch Rechnung getragen werden, dass das Führen eines sog. Krypto-Wertpapierregisters unter Finanzmarktaufsicht gestellt wird. Hierbei sind die gesetzlichen Neuerungen auch mit europäischem Recht vereinbar, da die legislativen Änderungen rein nationale Sachverhalte adressieren und den durch europäische Rechtsakte konkretisierten Bereich nicht berühren. Nachfolgend wird die Verfahrensweise beschrieben :

(a) Das digitale Wertpapier wird über einen Algorithmus im Blockchain-Netzwerk gespeichert und ausgegeben

(b) Anleger erhalten einen Zugangs-Code, mit dem sie auf die digitalen Wertpapiere zugreifen und damit handeln können. Die Blockchain tritt damit in Konkurrenz zu Banken und Zentralverwahrern

(c) Das elektronische Wertpapier wird nicht an der Börse gehandelt, sondern Erwerber und Verkäufer treten über die Blockchain miteinander in Kontakt

Künftig können Emittenten von Anleihen und Fondsanteilen auswählen, ob sie diese konventionell verbriefen oder als elektronisches Wertpapier bzw. elektronischen Anteilsschein begeben wollen. Aktien sind vom Gesetzgeber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorgesehen. Auch wenn diese Regelung für den deutschen Markt eine Neuerung darstellt, bleibt sie doch im Angesicht der nur auf ausgewählte Emissionen anwendbaren Digitalisierung hinter anderen Ländern zurück. Frankreich hat seine Wertpapiere schon in den 80er Jahren komplett digitalisiert, Großbritannien speichert sie seit den 90er Jahren vollelektronisch in einer zentralen Datenbank und auch die Schweiz lässt seit 2009 elektronische Bucheffekte zu.

Zentralregisterwertpapiere sind elektronische Wertpapiere, die auf Wirkung des Emittenten in Sammel- oder Einzeleintragung in ein zentrales Register aufgenommen werden. Das zentrale Register kann dabei entweder von einer Wertpapiersammelbank (Zentralverwahrer) oder einem Verwahrer (Banken mit Erlaubnis zum Betreiben des Depotgeschäfts) geführt werden. Das Zentralregisterwertpapier wird, analog zum konventionellen Wertpapier, im Effektengiroverkehr verbucht, sofern die registerführende Stelle eine Wertpapiersammelbank ist, die gleichzeitig als Inhaber des Zentralregisterwertpapier in Sammeleintragung im zentralen Register eingetragen ist. In der Praxis dürfte sich daher bezogen auf das Zentralregisterwertpapier nur eine Tatsache entscheidend zum Status Quo ändern: Das verbriefte Wertpapier im Tresor des Zentralverwahrers wird gegen eine digital geführte Datenbank in Form des zentralen Registers substituiert.

Die weitaus größeren Unterschiede zum Status Quo ergeben sich für Kryptowertpapiere als zweitem Typus des elektronischen Wertpapiers. Hier wird die zu emittierende Anleihe auf Veranlassung des Emittenten in ein Krypto-Wertpapierregister aufgenommen. Das Krypto-Wertpapierregister muss auf einem fälschungssicheren Aufzeichnungssystem geführt werden, in dem Daten in der Zeitfolge protokolliert und gegen unbefugte Löschung sowie nachträgliche Veränderung geschützt gespeichert werden. Obwohl die Definition des Krypto-Wertpapierregisters technologisch offengehalten wurde, dürfte dies zum jetzigen Stand der Technik auf die Nutzung einer Distributed-Ledger-Technologie (DLT) hinauslaufen. Auch kommen als registerführende Stelle, anders als beim Zentralregisterwertpapier, nicht nur Wertpapiersammelbanken und Verwahrer infrage. Stattdessen obliegt es dem Emittenten selbst, eine registerführende Stelle zu benennen oder die Registerführung selbst zu übernehmen.

Bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ( BaFin ) entsteht durch die Übernahme der Aufsicht über den Prozess der Ausgabe elektronischer Wertpapiere einmaliger Erfüllungsaufwand in Höhe von etwa 246 200 Euro sowie jährlicher Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 1 027 000 Euro.

Der geschätzte Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 1 027 000 Euro erfasst sämtliche Aufsichtskosten inklusive der Kosten für Prüfungen der entsprechenden Pflichten so-wie der Kosten für Überwachung und Verfolgung eventueller Verstöße. Die bei der Bundesanstalt entstehenden laufenden Kosten werden von den zu Beaufsichtigenden getragen durch Umlage, Gebühren und gesonderte Kostenerstattung. Die betroffenen Unternehmen werden durch die Pflicht zur Zahlung einer Umlage sowie von Gebühren und von Kosten gesonderter Erstattung an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistung mit insgesamt rund 1 027 000 Euro jährlich belastet (§ 16e, § 16g FinDAG).

Die Aufteilung der Umlage richtet sich nach den Vorgaben des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes – FinDAG – (Artikel 6). Für die Vornahme der Veröffentlichung der Eintragung eines Kryptowertpapiers in das Krypto-Wertpapierregister im Bundesanzeiger entstehen bei der Bundesanzeiger Verlag GmbH laufende Kosten in Höhe von 7 333,33 Euro (1 000 Fälle pro Jahr, 10 Minuten pro Fall, Lohnsatz pro Stunde 44 Euro). Diese werden von den zur Veröffentlichung verpflichteten Emittenten durch die Pflicht zur Zahlung von Entgelten für die Veröffentlichung getragen. Die zur Veröffentlichung verpflichteten Unternehmen werden daher mit insgesamt 7 333,33 Euro jährlich belastet.

 


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