Das Wertpapier-prospektgesetz mit Neuregelungen zum 01. 07. 2012 und Veränderungen der Geringfügigkeitsgrenzen bei der Prospektpflicht

Die prospektfreien Bereichausnahmen wurden auf unter 150 private Anleger erhöht, aber die Mindesteinlage auf Euro 100.000,- heraufgesetzt


16. Juli 2012 - Die Kapitalaufnahme über Wertpapiere als Aktienemissionen oder die Begebung von Anleihen oder die Platzierung von Genussscheinen ( siehe auch www.finanzierung-ohne-bank.de ) wurde im Wertpapierprospektgesetz ( WpPG ) zur Jahresmitte 2012 in wesentlichen Punkten geändert. Das neue Recht für Wertpapieremissionen im novellierten Wertpapierprospektgesetz ( WpPG ) – zum 01. Juli 2012 in Kraft getreten – bringt eine Reihe von beachtenswerten Neuregelungen für die Erstellung von Wertpapierprospekten. Die Bedeutung liegt für Wertpapiere darin, daß für die öffentliche Emission ( = Ausgabe und Angebot an Dritte ) von Aktien, Schuldverschreibungen und Genussscheinen grundsätzlich ein kapitalmarktaufsichtsrechtlich genehmigter ( von der BaFin gebilligter ) Wertpapierverkaufsprospekt erforderlich ist. Die dafür geltenden gesetzlichen Bestimmungen - zuletzt von 2005 - wurden nunmehr erneut reformiert und die Gesetzesänderungen gelten ab dem 01. Juli diesen Jahres. Im Wertpapierprospektgesetz sind die Pflichtinhalte und die Struktur von öffentlichen Wertpapierangeboten gesetzlich normiert und geregelt. Die Bereichsausnahmen wurden gesetzlich verschärft, aber beibehalten. Kleinere Unternehmen können auch zukünftig ohne großen Prospekt- und Kostenaufwand Wertpapiere an den Kapitalmarkt bringen. Das neue Wertpapierprospektgesetz mit Änderungen wurde am 29. Juni 2012 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Prospektfreie Wertpapierangebote bzw. Wertpapieremissionen ohne BaFin-Billigung sind auch zukünftig unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

Das WpPG erhöht Bereichsausnahmen – Geringfügigkeitsschwellen – zum Vorteil kleiner und mittlerer Unternehmen bei Anleihe- und Aktienfinanzierungen. So können beispielsweise Wertpapiere, wenn sie keine Mindesteinlageanforderungen enthalten, an weniger als 150 ( bisher unter 100 ) „nicht qualifizierte Anleger“ im Sinne des § 2 Nr. 6 WpPG ( also jeden Kleinanleger ) ohne Prospektpflicht angeboten werden. Demgegenüber wurden die Schwellenwerte für den öffentlich unbegrenzt angebotenen, prospektfreien Mindesterwerbsbetrag und die Mindeststückelung auf jeweils Euro 100.000,- verdoppelt ( bisher galt der Mindesteinlagebetrag von Euro 50.000,- ). Das wird die BaFin-freie Platzierung von Wertpapieren wegen der auf Euro 100.000,- erhöhten Mindesteinlage erschweren. Andererseits bedeutet dies, dass ab einer Mindesteinlage von Euro 100.000,- ein Wertpapierangebot ohne jede Emissionsvolumen-Beschränkung auch ohne BaFin-Wertpapierprospekt zulässig ist. Der Gesetzgeber geht davon aus, daß Investoren bei derartig hohen Summen nicht in gleichem Maße wie Kleinanleger schützenswert sind: "Der Großinvestor wird schon wissen, was er tut".

Die Prospektanforderungen für bestimmte Emissionsunternehmen bzw. Wertpapierangebote wurden erleichtert. Dies betrifft vor allem kleine und mittlere Unternehmen ( KMU´s ) sowie Unternehmen mit geringer Marktkapitalisierung ( Small Caps ). Diese Unternehmen müssen bereits im Billigungsantrag glaubhaft darlegen, dass sie die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, um in den Genuss der erleichterten Anforderungen zu kommen.

Auch für das Bezugsrecht aus Kapitalerhöhungen, die ausschließlich Altaktionären angeboten werden, sieht die neue Wertpapierprospekt-Verordnung erleichterte Prospektanforderungen vor. Das bedeutet jedoch, dass diese Angebote, die bisher nicht als öffentliche Angebote angesehen wurden, künftig als solche gelten und damit nunmehr einer gesetzlichen Prospektpflicht unterliegen.

Das neue Wertpapierprospekt-Recht wertet die Bedeutung der Prospektzusammenfassung deutlich auf. Damit Anleger die Angebote besser vergleichen können, sind Inhalt und Aufbau nunmehr genau in einem Wertpapier-Informationsblatt vorgegeben . Die Zusammenfassung muss künftig neben den Risikohinweisen alle so genannten Schlüsselinformationen enthalten und einer vorgegebenen Gliederung folgen.

Noch nicht endgültig geklärt ist die Frage, ob Wertpapierprodukte bzw. Produktvarianten per Nachtrag in einen Basiswertpapierprospekt integriert werden können. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA wird dazu voraussichtlich erst in einem Jahr technische Standards veröffentlichen. Bis dahin soll es eine nationale Interimslösung geben, die voraussichtlich gewisse Spielräume lassen wird, jedoch nicht den Nachtrag komplett neuer Produkte zulässt.

Geändert wurden im neuen WpPG auch die Veröffentlichungsvorschriften. Ein Wertpapierprospekt ist künftig zwölf Monate ab dem Datum der Billigung gültig, also nicht mehr ab dem Datum der Veröffentlichung. Die Unternehmen haben fortan auch die elektronische Fassung des Prospekts vor der Billigung an die BaFin zu übermitteln und diese zu veröffentlichen. Sie müssen jedoch weiterhin auch die Druckversion auf Verlangen herausgeben.

Weitere Neuregelungen betreffen die Prospektpflicht für Anbieter innerhalb einer Vertriebskette ( Finanzintermediäre ) und bei Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen, die Definition und das Register für „qualifizierte Anleger“. Detailliertere Auskünfte erteilt Dr. Horst Siegfried Werner unter dr.werner@finanzierung-ohne-bank.de .


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